Herausgabe von Totenasche zur Herstellung eines Erinnerungsdiamanten untersagt

Gericht sieht Friedhofszwang auch nach Ablauf der Ruhefrist gegeben

Justitia-Statue mit verbundenen Augen und Waage in der Hand

Das Verwaltungsgericht Bremen hat im August 2024 per Urteil darüber entschieden, ob Angehörige eines Verstorbenen nach Ablauf der Mindestruhefrist einen Anspruch auf Herausgabe von Totenasche zur Herstellung eines sogenannten Erinnerungsdiamanten haben.

Nach Ablauf der Mindestruhefrist hatte die Klägerin die Herausgabe der Urne und Totenasche ihrer 2002 verstorbenen Mutter zum Zweck der Herstellung eines Erinnerungsdiamanten bei der Friedhofsverwaltung beantragt. Die Klägerin war bis 2022 Inhaberin des Nutzungsrechts an der Grabstelle ihrer Mutter. Mit Bescheid vom 11.08.2022 wurde der Antrag jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass auch nach Ablauf der Mindestruhezeit für den Umgang mit der Asche eines Verstorbenen Art. 1 GG (Menschenwürde) gelte. Die Asche eines Verstorbenen, so die Behörde, werde nach Ablauf der Ruhezeit nicht lediglich zu einer Sache. Da auch das anschließende Widerspruchsverfahren nichts an der Entscheidung der Verwaltung änderte, reichte die Tochter ihre Herausgabeklage beim VG Bremen ein.

Sie begründete die Klage damit, dass das Bestattungsgesetz nach Ablauf der Ruhezeit keinen Verbleib einer Urne auf dem Friedhof vorsehe. Sie, als Inhaberin des verfassungsrechtlich geschützten Totenfürsorgerechts, sei berechtigt die Urne und die Totenasche von der Friedhofsverwaltung heraus zu verlangen. Nach Ablauf der gesetzlich festgelegten Mindestruhezeit von 20 Jahren könne die Totenruhe nicht mehr gestört werden. Ihr Recht zur Totenfürsorge beinhalte die Berechtigung, den Ort, die Zeit und die Art der Bestattung ihrer Mutter zu bestimmen, aber auch Urne und Asche an sich zu nehmen. Es sei nicht verständlich, dass die Herstellung eines Diamanten aus der Totenasche ihrer Mutter nicht mit dem gemäß Art. 1 GG geschützten postmortalen Persönlichkeitsrecht vereinbar sei.

Das VG Bremen schloss sich der Argumentation der Klägerin jedoch nicht an. Die Ablehnung des Antrags auf Herausgabe der Urne und der Totenasche war nach Ansicht des Gerichts rechtmäßig. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Herausgabe der Totenasche zum Zweck der Herstellung eines Erinnerungsdiamanten. Denn eine Herausgabe der Totenasche, so das Gericht, sei mit den geltenden Vorschriften des Friedhofs- und Bestattungsrechts und dem mutmaßlichen Willen der Verstorbenen nicht vereinbar.

Das VG Bremen begründete seine Entscheidung damit, dass Art. 1 Abs. 1 GG den allgemeinen Achtungsanspruch eines Menschen auch über dessen Tod hinaus schützt. Niemand darf nach seinem Tod in seiner Menschenwürde missachtet oder herabgewürdigt werden (BVerwG, Urteil. v. 19.06.2019, Az. 6 CN 1/18). Das postmortale Persönlichkeitsrecht und die Totenruhe dienen dem würdigen Umgang mit den sterblichen Resten eines Menschen. Zwar haben nahe Angehörige im Rahmen ihrer Totenfürsorge grundsätzlich das Recht über Ort und Art einer Bestattung zu entscheiden. Diese durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Entscheidungsfreiheit im Rahmen der Totenfürsorge wird jedoch durch den Willen der verstorbenen Person und das Bestattungsrecht eingeschränkt (BVerwG, Urteil. v. 19.06.2019, Az. 6 CN 1/18). Letztendlich ist entscheidend, so das Gericht, welche Art der Bestattung dem Willen der verstorbenen Person entspricht. Wegen des grundsätzlich laut Bestattungsgesetz bestehenden Friedhofszwangs und mangels eines von der Mutter der Klägerin zu Lebzeiten geäußerten oder ansonsten feststellbaren Willens, dass ihre Asche zur Herstellung eines Erinnerungsdiamanten verwendet werden soll, war laut Urteil nur eine übliche Art der Bestattung zulässig. Die Entscheidungsfreiheit eines Totenfürsorgeberechtigten ist außerdem grundsätzlich durch das geltende Friedhofs- und Bestattungsrecht mit gesetzlich angeordneten Friedhofszwang eingeschränkt (BVerwG, Urteil. v. 19.06.2019, Az. 6 CN 1/18). Der Friedhofszwang, so das VG Bremen, endet nicht bei Ablauf der Mindestruhefrist.

Quelle: VG Bremen, Urteil v. 30.08.2024, Az. 2 K 1779/22

Anmerkung von Aeternitas:

Leider vertritt das Gericht im vorliegenden Fall eine sehr restriktive Haltung, die einem individuellen Gedenken entgegensteht. Wie Aeternitas bereits vor einigen Jahren in einem Rechtsgutachten dargelegt hat, lässt sich der entgegengesetzte Standpunkt, dass eine Herausgabe der Urne mit der Asche nach Ablauf der Ruhefrist durchaus erlaubt sein sollte, gut begründen.