Bußgeld für Krematoriumsgeschäftsführer wegen Urnenübergabe an Bestatter

Genehmigung für eine Beisetzung im Ausland habe gefehlt

Justitia-Statue mit verbundenen Augen und Waage in der Hand

In einer aktuell veröffentlichten Entscheidung hat das Amtsgericht Tübingen den Geschäftsführer eines Krematoriums zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 150 Euro verurteilt. Das Krematorium hatte eine Urne an einen Bestatter zur Beisetzung in der Schweiz herausgegeben. Eine dazu notwendige Genehmigung sei nicht eingeholt worden, daher habe sich der Geschäftsführer einer Ordnungswidrigkeit schuldig gemacht.

Vor der Herausgabe einer Urne an einen Bestatter zur Beisetzung an einem anderen Ort als einem „Bestattungsplatz“ nach dem baden-württembergischen Bestattungsgesetz (BestattG BW) sei laut Gericht eine Genehmigung für die Beisetzung an diesem Ort durch die Ortspolizeibehörde vorgeschrieben. Soll wie im vorliegenden Fall eine Bestattung im Ausland stattfinden, sei dort kein "Bestattungsplatz" im Sinne des Bestattungsgesetzes (§§ 1, 9, 33 BestattG BW) vorhanden. Daher bedürfe es einer Genehmigung der Beisetzung, bevor die Urne herausgegeben werden dürfte.

Was ein "Bestattungsplatz" sei, ergebe sich aus dem Wortlaut und der Systematik des § 33 Abs. 1 BestattG BW. Die Vorschrift unterscheide zwischen "Bestattungsplätzen" (Friedhöfe und Privatfriedhöfe nach dem Bestattungsgesetz) und „anderen Orten“, die im ersten Abschnitt des Bestattungsgesetzes genau beschrieben würden. Private Bestattungsplätze nach § 9 Abs. 1 BestattG BW bedürften einer Genehmigung. Eine solche Genehmigung eines Landratsamtes läge für den von einem privaten Unternehmen in der Schweiz betriebenen Begräbnisplatz jedoch nicht vor. Daher sei er auch kein Bestattungsplatz im Sinne des Gesetzes.

§ 25 Abs. 3 BestattVO diene der Sicherstellung der Einhaltung des Friedhofszwanges. Leite der das Krematorium die Urne nicht selbst an den Bestattungsplatz weiter, solle er sich durch Vorlage einer Ausnahmebewilligung der Tatsache versichern, dass eine Erlaubnis zu einer Beisetzung an einem anderen Ort vorliege. Andernfalls könne der Friedhofs- und Bestattungszwang umgangen werden. Es kontrolliere dann nämlich keine Behörde, ob die Asche tatsächlich an einem geeigneten Platz beigesetzt würde.

Da Leichen und Urnen häufig rechtlich gleichgestellt seien, schloss das Gericht, dass nicht nur Leichen, sondern auch Urnen grundsätzlich ohne Genehmigung nicht ins Ausland verbracht werden dürften.

Aeternitas-Kritik:

In diesem Urteil wird für jede Beisetzung einer Urne im Ausland vorausgesetzt, dass eine Genehmigung der Ortspolizeibehörde in Baden-Württemberg vorliegen muss. Im Ergebnis wird also für eine Beisetzung im Ausland eine zu den dort geltenden Vorschriften zusätzliche Voraussetzung geschaffen. Wörtlich genommen würde das Urteil darüber hinaus sogar eine Genehmigungspflicht auch für Beisetzungen von Urnen in anderen Bundesländern begründen.

Die Argumentation, dass der Wortlaut eindeutig sei, setzt aber voraus, dass die im ersten Abschnitt des Bestattungsgesetzes beschriebenen Bestattungsplätze abschließend aufgezählt bzw. definiert und in § 33 BestattG sowie in § 25 BestattV abschließend in Bezug genommen würden. Dies lässt sich dem Gesetz und der Verordnung aber nicht (zwingend) entnehmen. Besser kann man die Vorschriften so verstehen, dass es in Baden-Württemberg nur Bestattungsplätze gibt, die entweder Friedhöfe oder private Bestattungsplätze sind und für außerhalb Baden-Württembergs gelegene Begräbnisplätze keine ausdrückliche Regelung im Bestattungsgesetz getroffen wurde. Schließlich regelt der erste Abschnitt des Bestattungsgesetzes schon aufgrund der lediglich dafür vorhandenen Gesetzgebungskompetenz nur für Baden-Württemberg die Voraussetzungen eines Friedhofs und privaten Bestattungsplatzes. Was ein Bestattungsplatz außerhalb Baden-Württembergs ist, muss dann insbesondere nach Sinn und Zweck der Regelung durch Auslegung ermittelt werden.

Sinn und Zweck nach § 25 Abs. 1 bis 3 ist es, eine Herausgabe der Urne dann zuzulassen, wenn eine legale Beisetzungsmöglichkeit gesichert ist. Es sollte also jedenfalls immer dann eine genehmigungsfreie Versendung der Urne bzw. Herausgabe an den Bestatter zulässig sein, wenn im Zielland eine Beisetzung an dem angestrebten Platz rechtmäßig ist, weil es sich dann dort um einen zulässigen "Bestattungsplatz" handelt. Anderenfalls müsste man demnächst auch für eine Beisetzung auf einem Friedhof in einem Nachbarbundesland eine Genehmigung verlangen. Eine solche unnötige Bürokratie kann nicht Ziel der Regelung sein.

Das hilfsweise angeführte Argument, dass Leichen und Urnen häufig rechtlich gleichgestellt seien und daher nicht nur Leichen, sondern auch Urnen ohne Genehmigung zumindest nicht ins Ausland verbracht werden dürften, hält einer Überprüfung in keiner Weise stand. Denn gerade bei der Überführung werden Leichen und Urnen vollkommen verschieden behandelt. So gilt es bei einem Leichnam Hygienegesichtspunkte zu beachten als auch unter Umständen Beweise bezüglich einer Straftat zu sichern. Beides wird bei Aschen (kaum) berücksichtigt, da sich die Problematiken nicht in der gleichen Weise stellen.

Darüber hinaus ist es fraglich, ob die Auslegung des Amtsgerichts Tübingen vor dem Hintergrund der europarechtlichen Waren und -Dienstleistungsfreiheit überhaupt Bestand haben könnte.

(Quelle: Urteil des Amtsgerichts Tübingen vom 08.01.2019, Az.: 16 OWi 16 Js 16727/18)