Bayerischer Verwaltungsgerichtshof klärt Zuständigkeiten bei ordnungsbehördlicher Bestattung

Auch Kosten der Überführung zum letzten Wohnort sind von Angehörigen zu tragen

Justitia-Statue mit verbundenen Augen und Waage in der Hand

In einem aktuellen Urteil befasst sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) mit Zuständigkeitsvorschriften des bayerischen Bestattungsgesetzes (BestG) für den Fall, dass Angehörige eine verstorbene Person nicht bestatten, die nicht an ihrem letzten Wohnort verstorben ist (Urteil vom 05.08.2021, Aktenzeichen: 4 BV 20.3110).

Im zugrundeliegenden Fall hatte sich der Kläger unter Hinweis auf zerrüttete Familienverhältnisse geweigert, seine in einem Krankenhaus verstorbene Mutter zu bestatten. Daraufhin beauftragte die Gemeindeverwaltung des Sterbeortes ein Bestattungsunternehmen mit den erforderlichen Bestattungsmaßnahmen. Dieses überführte die verstorbene Mutter an ihren Wohnort, wo sie beigesetzt wurde. Als der Sohn hinsichtlich der entstandenen Kosten für die Leichenschau, die Kühlung des Leichnams, amtlicher Gebühren und der Kosten für die Überführung aufkommen sollte, wehrte er sich gerichtlich und erhielt vor dem Verwaltungsgericht Augsburg auch teilweise Recht. Dieses war der Ansicht, dass die Überführungskosten zur Beisetzung am früheren Wohnort nicht verlangt werden können, da es sich insoweit nicht um notwendige Kosten der Bestattung handle. Es hätte eine - gegenüber der Erdbestattung kostengünstigere - Einäscherung zur Feuerbestattung erfolgen müssen, bei der die Leiche aus dem Krankenhaus direkt ins Krematorium überführt worden wäre. Die Kosten für die Überführung der Leiche in den Ort des letzten Wohnsitzes hätten demnach vermieden werden können.

Gegen diese Entscheidung legte die beklagte Gemeinde Berufung ein und bekam nun vor dem BayVGH in München Recht. Da der Sohn zur Erfüllung seiner bestattungsrechtlichen Pflichten nicht bereit war und entsprechende Anordnungen in der Kürze der Zeit keinen Erfolg versprachen, musste gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BestG „die Gemeinde“ für die Leichenschau, die Bestattung und die ihr vorausgehenden Verrichtungen sorgen. Diese Zuständigkeit lag nach Ansicht des Gerichts bis zum Abschluss der Überführung in das Gebiet der Wohnortgemeinde bei der beklagten Gemeinde des Sterbeortes.

Das Bestattungsrecht sei als Sondermaterie des Sicherheitsrechts auf einen zügigen und unkomplizierten Vollzug angelegt. Daher müsse zunächst die für den Sterbeort zuständige Gemeinde, solange sich der Leichnam auf ihrem Gemeindegebiet befindet, dafür Sorge tragen, dass die aus dem Todesfall folgenden gesetzlichen Pflichten erfüllt werden. Auch die den Gemeinden nach Art. 14 Abs. 1 BestG übertragene Aufgabe, die Einhaltung der bestattungsrechtlichen Vorschriften zu überwachen und zu gewährleisten, könne im ersten Zugriff unter dem Gesichtspunkt der Ortsnähe nur von der Sterbeortgemeinde mit der gebotenen Effizienz wahrgenommen werden.

Weiter führt der BayVGH aus, dass dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass der Sterbeort zugleich der gewünschte Bestattungsort ist, nach Art. 1 Abs. 2 BestG regelmäßig angenommen werden, dass es dem Willen der verstorbenen Person entspreche, am letzten Wohnort bestattet zu werden. Allein die Feststellung, dass die Bestattung nicht im Gebiet der Sterbeortgemeinde stattfinden wird, lasse allerdings noch nicht deren örtliche Zuständigkeit nach Art. 14 Abs. 2 BestG entfallen. Die Überführung in die Obhut der früheren Wohnsitzgemeinde nach den Vorschriften der Bestattungsverordnung könne sinnvollerweise nur dort organisiert werden, wo sich der Leichnam befindet; zuständig bleibe daher auch insoweit die Sterbeortgemeinde. Sie habe dafür zu sorgen, dass die Leiche innerhalb der in Frist ordnungsgemäß mit allen notwendigen Unterlagen auf den Weg gebracht wird. Erst wenn der Leichnam an die frühere Wohnsitzgemeinde übergeben oder (oder auf deren Bitte hin) in eine Feuerbestattungsanlage verbracht worden sei, ende die Zuständigkeit der Sterbeortgemeinde und werde die Gemeinde des letzten gewöhnlichen Aufenthalts örtlich zuständig.

Aeternitas-Hinweis:

Die Entscheidung beschränkt sich naturgemäß auf bayerisches Landesrecht. Eine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung für den Fall des Auseinanderfallens von Sterbe- und letztem Wohnort findet sich allerdings nur in den wenigsten Bestattungsgesetzen der Bundesländer. Der BayVGH entscheidet sich hier für eine an praktischen Erwägungen orientierte Gesetzesauslegung, die auch die potenziellen Bestattungswünsche der Verstorbenen einbezieht. Eine Übertragung auch auf die Rechtsprechung in anderen Bundesländern erscheint möglich.

(Quelle: Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 05.08.2021, Az.: 4 BV 20.3110)