Bestattungskosten: Behörde darf nur 14 Tage nach Bestattungspflichtigen suchen

Urteil aus Baden-Württemberg

Justitia-Statue mit verbundenen Augen und Waage in der Hand

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat im Januar 2023 entschieden, dass der Zeitrahmen für die Ermittlung bestattungspflichtiger Angehöriger einschließlich einer Kontaktaufnahme im Regelfall höchstens 14 Tage ab dem Tag des Todes des Verstorbenen betragen darf. Am ersten Tag nach Ablauf dieses Zeitraums muss die zuständige Behörde demnach die Bestattung eines Verstorbenen veranlassen. Bestattungskosten, welche dadurch bedingt sind, dass die 14 Tage überschritten wurden, müssen von Bestattungspflichtigen nicht erstattet werden.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Tochter eines Verstorbenen klagte gegen ihr auferlegte Bestattungskosten, unter anderem für die Nutzung einer Kühlzelle in Höhe von 649,74 Euro, anlässlich des Todes ihres Vaters am 17.12.2018. Da sich bis zum 27.12.2018 keine Angehörigen des Verstorbenen gemeldet hatten, wandte sich die zuständige Behörde zur Ermittlung von Angehörigen an das Bürgerbüro der Stadt. Erst am 07.01.2019 konnte über das Standesamt der Stadt die Tochter endgültig ermittelt werden. Mit Schreiben vom gleichen Tage wurde der Tochter mitgeteilt, dass ihr Vater am 17.12.2018 in der Stadtklinik verstorben sei. Die Tochter antwortete, dass zum Verstorbenen nie Kontakt bestanden habe und sie sich nicht um die Bestattung kümmern würde.

Der Verstorbene war für einen Zeitraum von 26 Tagen in einer Kühlzelle im Leichenraum der Stadtklinik aufbewahrt worden, wobei hierfür Kosten in Höhe von 21 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer pro Tag anfielen; somit 694,74 Euro. Diese Kosten erstattete die Behörde dem Klinikum. Mit Bescheid vom 21.03.2019 forderte die Behörde die Tochter zum Ausgleich der gesamten verauslagten Bestattungskosten in Höhe von insgesamt 3.497,31 Euro auf. Zu diesen Kosten zählten auch die 649,74 Euro für die Nutzung der Kühlzelle. Die Tochter weigerte sich jedoch, für die festgesetzten Kosten aufzukommen.

Der VGH Baden-Württemberg bestätigte zu Gunsten der Tochter, dass zumindest die Kosten für die Benutzung der Kühlzelle zur Aufbewahrung des Verstorbenen nur für eine Dauer von 15 Tagen (14 Tage ab Todestag, Bestattung am 15. Tag) in Höhe von 374,85 Euro gerechtfertigt waren. Denn die Aufbewahrung des Verstorbenen in der Kühlzelle war für die Ermittlung von bestattungspflichtigen Angehörigen und Kontaktaufnahme zu diesen während der regelmäßigen Frist von 14 Tagen erforderlich. Die Kosten für die nachfolgende Aufbewahrung des Verstorbenen für weitere 11 Tage in Höhe von 274,89 Euro waren, so der VGH Baden-Württemberg, nicht zu den erstattungsfähigen Kosten der Bestattung zu zählen, mussten also von der Klägerin nicht übernommen werden.

Verstorbene müssen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 BestattG (Baden-Württemberg) bestattet werden. Für die Bestattung müssen die Angehörigen sorgen (§ 31 Abs. 1 Satz 1 BestattG). Wird nicht oder nicht rechtzeitig für die Bestattung gesorgt, so hat die zuständige Behörde diese anzuordnen oder auf Kosten der Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen (§ 31 Abs. 2 BestattG). Die Bestattung soll zum einen Gefahren für die öffentliche Gesundheit und zum anderen eine Verletzung des in der Menschenwürde wurzelnden Gebots der Pietät gegenüber Verstorbenen verhüten. Darüber hinaus verlangt der Schutz der Totenruhe eine würdige Totenbestattung.

Zunächst ist den Bestattungspflichtigen die Gelegenheit zu geben, aus eigener Initiative für die Bestattung Sorge zu tragen. Es ist auch grundsätzlich geboten, dass die für die Bestattung zuständige Behörde bei einem Todesfall, bei dem die Bestattung nicht sofort von Angehörigen durchgeführt wird, Ermittlungen nach den Bestattungspflichtigen aufnimmt.

Der VGH Baden-Württemberg führte hierzu aus, dass eine Ermittlung bestattungspflichtiger Angehöriger einschließlich einer Kontaktaufnahme mit diesen bis zu 14 Tage nach dem Tod des Verstorbenen in der Regel noch verhältnismäßig ist. Danach fehlt es regelmäßig an der Verhältnismäßigkeit weiterer Ermittlungen und Kontaktaufnahmen. Denn aus der Länge der Zeit für die Ermittlungen kann regelmäßig auf eine Lockerung der familiären Bindungen des Verstorbenen geschlossen werden. Es kann erwartet werden, dass sich bestattungspflichtige Angehörige gemäß ihrem Interesse an der Wahrnehmung ihres Rechts zur Totenführsorge, zeitnah bei der zuständigen Behörde melden. Nach Ablauf von 14 Tagen nach dem Todesfall ist somit die Erwartung, dass sich bestattungspflichtige Angehörige noch melden oder rechtzeitig ermittelt werden, nicht mehr realistisch. Der Schutz der Totenruhe des Verstorbenen hat aber regelmäßig ein so erhebliches Gewicht, dass die Bestattung von der zuständigen Behörde im Regelfall nun vorzunehmen ist.

Eine Ausnahme vom Regelfall kommt nur in außergewöhnlichen Fällen in Betracht und liegt nicht etwa schon dann vor, wenn im Ermittlungszeitraum Feiertage, Wochenenden oder sonstige Schließtage von Behörden liegen oder die Ermittlung bestattungspflichtiger Angehöriger die Kontaktaufnahme zu anderen Behörden erfordert.

Quelle: VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 17.01.2023, Az. 1 S 3770/21