Farbig gestaltete Grabskulptur muss entfernt werden
Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart
Mit einer Klage auf Erteilung einer Genehmigung für ein bereits errichtetes Grabmal (siehe Bild) ist ein Aeternitas-Mitglied vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart gescheitert. Das Grabmal soll nun sogar abgebaut werden. Nach Ansicht von Aeternitas zeigt dieses Urteil symptomatisch, dass bei vielen Friedhofsverwaltungen und Gerichten leider immer noch sehr restriktive Vorstellungen gelten, was die individuelle Grabgestaltung betrifft.
Einen ausführlichen Bericht zu dem Fall können Sie beim SWR nachlesen:
Einzigartige Figur auf dem Wallhausener Friedhof muss weg
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat zu dem Fall eine Pressemitteilung veröffentlicht und darin seine Entscheidungsgründe dargelegt:
Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart hat mit Urteil vom 16.04.2024 (6 K 943/23) Klagen auf Erteilung einer Genehmigung für ein bereits errichtetes mit Sockel 1,55 m hohes Grabmal in Gestalt eines Abbilds des Verstorbenen in weiß, gelb, orange und rot auf dem Friedhof in Wallhausen abgewiesen. Es bestätigte zugleich die Anordnung von dessen Beseitigung.
Mit Bescheid vom 21.09.2022 lehnte die beklagte Gemeinde Wallhausen die Erteilung der von den Eltern des Verstorbenen beantragten Genehmigung für das Grabmal ab und ordnete die Beseitigung des bereits errichteten Grabmals an. Nach Zurückweisung der gegen die Bescheide gerichteten Widersprüche haben die Kläger am 16.02.2023 Klagen beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung der von ihnen beantragten Genehmigung für das oben beschriebene Grabmal.
Nach § 15 der Friedhofssatzung der Beklagten müssen Grabmale und sonstige Grabausstattungen „der Würde des Friedhofs in seinen einzelnen Teilen und in seiner Gesamtanlage entsprechen“. Diese an § 14 Satz 1 Halbsatz 1 des Bestattungsgesetzes angelehnte Regelung ist hinreichend bestimmt und mit den Rechten der Kläger vereinbar. Die Vorschrift ist Ausdruck des Umstands, dass ein Friedhof nicht die Summe beziehungslos nebeneinanderliegender Einzelgrabstätten ist, sondern ein gemeinsamer Begräbnisplatz für eine Vielzahl von Toten. Die einzelne Grabstätte ist daher gemeinschaftsbezogen mit der Folge, dass das Recht auf individuelle Grabgestaltung nicht schrankenlos sein kann, sondern denjenigen Beschränkungen unterliegt, die sich aus diesem Gemeinschaftscharakter ergeben.
Die Beklagte hat die Erteilung der Genehmigung für das Grabmal zu Recht versagt. Einer würdigen Bestattung und einem ungestörten Totengedenken stehen auch solche Grabmale entgegen, die aufdringlich, effektheischend oder sonst objektiv geeignet sind, Ärgernis zu erregen und den allgemeinen Friedhofszweck des Totengedenkens zu beeinträchtigen. Eine freie, auch künstlerische Grabgestaltung ist angesichts des Zwecks eines Friedhofs, ein ungestörtes Totengedenken für alle Trauernden zu ermöglichen, nur insoweit möglich, als dadurch die berechtigten Interessen der anderen Nutzungsberechtigten nicht beeinträchtigt werden. Dabei sind auch die kulturellen und sozialen Gegebenheiten vor Ort zu berücksichtigen. Gemessen an diesen Maßstäben ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Grabmalgestaltung der Kläger geeignet ist, den allgemeinen Friedhofszweck des Totengedenkens zu beeinträchtigen und deshalb mit der Würde des Friedhofs nicht vereinbar ist. Denn nach dem Eindruck, den die Kammer im Rahmen ihres Augenscheins von dem Friedhof der Beklagten und dem dort errichteten Grabmal gewinnen konnte, hebt sich dieses durch die auffallende und leuchtende Farbgestaltung und die annähernd lebensgroße Abbildung des Verstorbenen deutlich von den umliegenden Grabmalen ab und zieht die Aufmerksamkeit der Friedhofsbesucher derart auf sich, dass sie sich der Wirkung kaum entziehen können.
Auch die Beseitigungsanordnung ist rechtmäßig. Insbesondere hat der Augenschein ergeben, dass sich auf dem Friedhof keine anderen vergleichbar auffälligen Grabmale befinden, so dass die Beseitigungsanordnung nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Berufung wurde nicht zugelassen. Die Kläger können aber innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einen Antrag auf Zulassung der Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stellen.