Hamburg: Künstliche Gelenke gehören in Zukunft in die Urne

Neues Bestattungsgesetz geht Sonderweg

Mit dem neuen, ab dem 1. März geltenden Hamburger Bestattungsgesetz müssen alle bei einer Einäscherung eines Verstorbenen entstandenen, nicht verbrannten Rückstände in die Urne gefüllt werden. Diese in keinem anderen Bundesland bestehende Vorschrift gilt auch für Implantate wie Hüftgelenke oder Schrauben. Eine von vielen Bürgern gewünschte Liberalisierung des Bestattungsrechts wurde hingegen versäumt.

Bei einer Einäscherung bleiben in der Asche nicht verbrennbare, in der Regel metallische Überreste zurück. Hierbei handelt es sich zum einen um ehemals mit dem Körper verbundene Gegenstände wie Hüftgelenke, Platten, Schrauben oder auch Zahngold, zum anderen um Bestandteile der verbrannten Särge wie Nägel oder Klammern. Meist werden diese Teile aus der Asche entnommen und verwertet. Diese Praxis ist in fast allen Bundesländern nicht gesetzlich geregelt, wird aber praktiziert und als unproblematisch eingestuft.

Mit der Vorschrift, sämtliche Überreste beizusetzen, schlägt Hamburg zukünftig einen Sonderweg ein. Länder wie Niedersachsen oder Brandenburg hingegen nutzten in den letzten Jahren Reformen der Bestattungsgesetze, um die Entnahme von Metallteilen auch explizit zu erlauben. Hintergrund solcher Klarstellungen ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2015, nach dem eine unbefugte Entnahme der Überreste aus der Totenasche strafbar ist. In der Regel erfolgt die Entnahme im Krematorium jedoch nicht unbefugt, da die notwendige Zustimmung der Totensorgeberechtigten bzw. Erben vorliegt.

Weil ökologische Fragen verstärkt in den Mittelpunkt rücken, dürfen in zunehmend mehr Bundesländern nur noch verrottbare Materialien bei der Bestattung verwendet werden. Eine Beisetzung von metallischen Überresten insbesondere vom Ausmaß künstlicher Hüftgelenke würde dem widersprechen. In Zukunft muss damit gerechnet werden, dass mit in Hamburg eingeäscherten Verstorbenen ebenso sämtliche Metallteile in die Böden der Friedhöfe gelangen. Die gleiche Problematik gilt für die immer zahlreicheren Urnenbeisetzungen in Bestattungswäldern oder auf See. "Das kann kaum im Sinne eines zeitgemäßen Bestattungsgesetzes sein", bemängelt Christoph Keldenich, Vorsitzender von Aeternitas, der Verbraucherinitiative Bestattungskultur.

Die Selbstbestimmung bei der Gestaltung von Abschied und Gedenken bleibt in Hamburg weiterhin stark eingeschränkt. "Die große Chance auf eine tiefgreifende, bürgerfreundliche Reform, wurde leider vertan", so Keldenich. Dabei hatte der Senat im Vorfeld der Neufassung des Gesetzes selbst darauf hingewiesen, dass sich in den letzten Jahrzehnten die gesellschaftlichen Vorstellungen über Bestattungsformen, Trauer und Totengedenken weiter im Sinne einer Liberalisierung und Individualisierung gewandelt haben. Urnen zu Hause aufzubewahren bzw. die Asche im eigenen Garten beizusetzen oder in der freien Natur zu verstreuen, bleibt jedoch weiterhin verboten. Gleiches gilt für die - im Übrigen in der Praxis längst verbreitete - Entnahme geringer Mengen an Totenasche, um diese zum Beispiel in Amuletten aufzubewahren oder daraus Schmuckstücke herzustellen. Selbst der Transport einer Urne vom Krematorium zur Grabstelle durch die Angehörigen wird nicht gestattet.

Zu begrüßen ist nach Ansicht von Aeternitas, dass mit dem neuen Gesetz die gemeinsame Bestattung von Mensch und der Asche von Haustieren in speziellen Grabstätten explizit erlaubt wird. Positiv zu bewerten ist unter anderem auch, dass der Zweck eines Friedhofs in Zukunft weiter gefasst wird. So werden die Friedhöfe umfassender für soziale, kulturelle, gewerbliche und öffentliche Nutzungen geöffnet und somit stärker in die Mitte des öffentlichen Lebens gerückt. Dass die Bestattungs- und Kostentragungspflichten der Angehörigen neu und weniger ausufernd als bisher geregelt werden, ist ebenfalls im Sinne der Bürger.