Keine Ausnahme von der Sargpflicht in Baden-Württemberg bei christlichem Glauben

VG Karlsruhe: Sarglose Bestattung nur bei Bestehen einer entsprechenden Glaubensregel

Justitia-Statue mit verbundenen Augen und Waage in der Hand

Ein Ehepaar christlichen Glaubens ist mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe gescheitert, in der es eine Ausnahme von der Sargpflicht für sich erstreiten wollte. Nach den Vorgaben des baden-württembergischen Bestattungsgesetzes dürfen Verstorbene nur in Särgen bestattet werden. Eine Ausnahme von dieser Sargpflicht sieht eine Regelung in § 39 Abs. 1 Satz 3 des Bestattungsgesetzes vor. Danach können Verstorbene in Tüchern erdbestattet werden, sofern keine gesundheitlichen Gefahren zu befürchten sind und die Religionszugehörigkeit der verstorbenen Person eine Bestattung ohne Sarg vorsieht.

Auf diese Ausnahmevorschrift hatte sich das Ehepaar aus Angelbachtal im Rhein-Neckar-Kreis berufen und wollte vom Verwaltungsgericht feststellen lassen, dass die zukünftige Bestattung ihrer Körper auf dem Friedhof in einem Leinentuch erfolgen könne. Zur Begründung hatte es angeführt, dass Jesus Christus nach der biblischen Überlieferung in einem Leintuch bestattet worden sei und diese Art der Bestattung auch frühchristlichen, koptischen und einzelnen römisch-katholischen Traditionen entspreche. Sie leite sich aus der Bibel ab, nach der Täuflinge und Leichname nur in ein Leintuch gehüllt werden. Dies entspreche auch der Grablegung Jesu. Die Muslime hätten diesen ursprünglichen Bestattungsritus bewahrt. Dass Christen anders als Muslime im Holzsarg beerdigt würden, sei nur der Tradition geschuldet. Im Mittelalter sei die sarglose Bestattung demgegenüber noch üblich gewesen und werde bis in die Gegenwart bei Kartäusern und Trappisten praktiziert. Sie gehöre zum gemeinsamen Kern der drei Religionen Judentum, Christentum und Islam.

Mit Urteil vom 19.09.2019 hat die 12. Kammer des VG Karlsruhe (Az.: 12 K 7491/18) die Feststellungsklage abgewiesen.

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Kläger aus der Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 3 BestG keinen Anspruch herleiten können, nach ihrem Tod in Tüchern statt in Särgen bestattet zu werden. Zwar sei diese Regelung bei einer Auslegung unter Berücksichtigung der Grund-rechte nicht von vorneherein auf Angehörige der muslimischen Religionsgemeinschaften beschränkt. Die christliche Religionszugehörigkeit der Kläger sehe aber eine Bestattung ohne Sarg nicht vor. Nach Ansicht des Gerichts existiert keine Glaubensregel ihrer Religionsgemeinschaft, die diese Bestattungsart gebiete. Nur für den Fall, dass die sarglose Bestattung als verpflichtendes religiöses Gebot formuliert sei, werde die grundrechtlich nach Art. 4 GG geschützte Glaubens- und Bekenntnisfreiheit tangiert. Die Zugehörigkeit zu einer Religion, die eine sarglose Bestattung lediglich nicht verbietet, reiche hierbei nicht aus. Darin liege auch keine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung wegen des Glaubens oder der religiösen Anschauungen. Der Sargzwang gelte vielmehr grundsätzlich für jedermann unabhängig von der Religion. Soweit die Ausnahmevorschrift an das Bestehen einer als verpflichtend empfundenen Glaubensregel anknüpfe, liege hierin keine unzulässige Diskriminierung wegen religiöser Anschauungen. Es handle sich vielmehr um eine sachlich gerechtfertigte Abgrenzung zu bloßen individuellen Wunschvorstellungen.

(Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe 02.01.2020)