Mehrheit für liberalen Umgang mit Totenasche
Repräsentative Umfrage zeigt Reformbedarf bei den Bestattungsgesetzen
Laut einer aktuellen Umfrage befürworten über zwei Drittel der Bundesbürger, wenn Teile der Asche Verstorbener für Erinnerungsgegenstände verwendet werden. Auch bei der Umbettung von Urnen widerspricht die Mehrheit der Befragten den rigiden gesetzlichen Vorschriften.
Verschiedene Bundesländer haben in den letzten Jahren Vorschläge abgelehnt, die Entnahme einer geringfügigen Menge an Totenasche aus der Urne zu legalisieren. Diese könnte dann in Amulette gefüllt oder zur Herstellung von Erinnerungsgegenständen wie Glasskulpturen oder Diamanten verwendet werden. Tatsächlich findet beides bereits statt - unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit oder auf dem Umweg über das Ausland, wo meist liberalere Vorschriften zum Umgang mit Totenasche vorherrschen.
Eine von Aeternitas, der Verbraucherinitiative Bestattungskultur, beauftragte Umfrage zeigt, dass nur jeder Fünfte (21 Prozent) meint, die eingangs beschriebene Praxis sollte weiterhin nicht erlaubt sein. Die große Mehrheit hingegen (71 Prozent) gibt an, dies grundsätzlich in Ordnung zu finden. "Einstellungen zu Fragen von Pietät und Totenruhe verändern sich mit der Zeit: Sie passen sich an die Bedürfnisse einer mobilen Gesellschaft an, in der sich traditionelle Familienstrukturen zunehmend auflösen", ordnet der Aeternitas-Vorsitzende Christoph Keldenich die Umfrageergebnisse ein. Er fordert eine Reaktion der Gesetzgeber. Diese sollten gesellschaftliche Veränderungen weitaus stärker in das Bestattungsrecht einfließen lassen.
Reformbedarf sieht Aeternitas deshalb auch bei den Vorschriften zur Umbettung von Totenasche, also der Entnahme einer Urne aus der aktuellen und der Wiederbeisetzung in einer anderen Ruhestätte. Dies ist derzeit in den meisten Fällen verboten. Zum Beispiel reicht den Behörden der Wunsch der Angehörigen, ein Grab an ihrem Wohnort statt weit entfernt besuchen und pflegen zu können, in der Regel als Begründung nicht aus. Eine große Mehrheit von 69 Prozent der Befragten gibt jedoch an, dass die Umbettung einer Urne auf Wunsch der Hinterbliebenen immer erlaubt sein sollte - sofern der Wille der verstorbenen Person nicht dagegen spricht.
Nur 17 Prozent sind hingegen der Ansicht, die Verlagerung der sterblichen Überreste sollte nur genehmigt werden, wenn der Verstorbene sich dies vor seinem Tod explizit gewünscht hat. Lediglich fünf Prozent der Befragten sind im Übrigen der Meinung, dass die Umbettung einer Urne grundsätzlich nicht möglich sein sollte. Vier Prozent hingegen geben an, dass die Umbettung immer erlaubt sein sollte, auch gegen den Wunsch der verstorbenen Person.
Diskutiert wird in der Öffentlichkeit auch immer wieder über die Entnahme von Implantaten wie zum Beispiel Zahngold oder künstlichen Hüftgelenken nach einer Einäscherung. Die weit überwiegende Mehrheit der Befragten (69 Prozent) meint, dass solche Metalle - mit Zustimmung der Hinterbliebenen - weiter entnommen und verwertet werden sollten, wie es derzeit in zahlreichen Krematorien üblich ist. Nur 23 Prozent sind der Ansicht, dass diese Überreste mit der Asche beigesetzt werden sollten. Nach den geltenden Bestattungsgesetzen ist eine solche Entnahme übrigens unproblematisch, obwohl sie meist nicht explizit erwähnt wird. "Mehr Rechtssicherheit wäre allerdings hilfreich, da in der Diskussion häufig bestattungsrechtliche und strafrechtliche Aspekte nicht klar unterschieden werden", fordert Keldenich. Als Vorbilder zu nennen wären an dieser Stelle Niedersachsen und Brandenburg, die in ihren Gesetzen eine Entnahme von Implantaten nach der Einäscherung explizit legitimieren. Unabhängig davon bleibt eine unbefugte Entnahme - also ohne Einwilligung der Hinterbliebenen - weiterhin strafbar.
Für die vorliegende Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa Anfang September 2019 im Auftrag von Aeternitas 1.005 im Rahmen einer repräsentativen Stichprobe ausgewählte Bundesbürger ab 18 Jahren. Alle Angaben zu früheren Jahren stammen ebenso aus von Aeternitas beauftragten repräsentativen Studien.