Ordnungsbehörde muss weitere bestattungspflichtige Angehörige ermitteln

Ansonsten ist eine Bestattungsanordnung laut Verwaltungsgericht Köln rechtswidrig

Dass eine Ordnungsbehörde ohne vorherige Aufklärung, ob weitere bestattungspflichtige Angehörige vorhanden sind, nicht zu Lasten eines Angehörigen eine Bestattung anordnen darf, stellte das Verwaltungsgericht Köln im November 2022 klar (VG Köln, Beschluss v. 18.11.2022, Az. 22 L 1542/22).

Die Klägerin war von der zuständigen Ordnungsbehörde per Ordnungsverfügung aufgefordert worden, die Beisetzung der Urne ihres verstorbenen Halbbruders bei einem Bestatter in Auftrag zu geben. Der Auftrag sollte durch eine Bescheinigung des beauftragten Bestattungsunternehmens nachgewiesen werden. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW sind Ehegatten, Lebenspartner, volljährige Kinder, Eltern, volljährige Geschwister, Großeltern und volljährige Enkelkinder (Hinterbliebene) zur Bestattung verpflichtet. Die Klägerin erfüllte als Halbschwester des Verstorbenen die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 1 BestG NRW und war demnach grundsätzlich auch bestattungspflichtig.

Gegen die Verfügung der Ordnungsbehörde reichte die betroffene Halbschwester eine Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Köln ein. Denn die Klägerin hatte die Ordnungsbehörde vor Erlass der Ordnungsverfügung darauf hingewiesen, dass es zwei weitere Halbgeschwister gebe, deren Aufenthalt ihr allerdings nicht bekannt war. Die Ordnungsbehörde erließ jedoch ohne weitere Rückfragen bei der Klägerin oder sonstige Ermittlungsmaßnahmen die angefochtene Ordnungsverfügung allein zu Lasten der Klägerin.

Das Verwaltungsgericht Köln entschied deshalb zu Gunsten der Klägerin, dass die Ordnungsbehörde den Sachverhalt - im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung - entgegen §§ 24, 26 VwVfG NRW nur unzureichend ermittelt hatte. Denn bei Ermittlung von weiteren (Halb-)Geschwistern der Klägerin wäre es zu einer Inanspruchnahme der Klägerin durch Ordnungsverfügung möglicherweise gar nicht gekommen; beispielsweise dann nicht, wenn eines der Geschwister in Ausübung des aus Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Totenfürsorgerechtes eine Bestattung in Auftrag gegeben hätte.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 BestG NRW hat die örtliche Ordnungsbehörde der Gemeinde des Sterbe- und Auffindungsortes eines Verstorbenen eine Bestattung nur zu veranlassen, soweit die Angehörigen des Verstorbenen ihrer Bestattungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen. Sind jedoch vorrangig Angehörige zur Bestattung verpflichtet, setzt die Bestattungspflicht einer Gemeinde erst ein, wenn feststeht, dass vorrangig Bestattungspflichtige ihrer Pflicht nicht nachkommen oder alle zumutbaren Maßnahmen zu ihrer Ermittlung und Benachrichtigung erfolglos geblieben sind.

Im vom Verwaltungsgericht Köln entschiedenen Rechtsstreit hatte die Ordnungsbehörde ihr Entschließungsermessen, d. h. die Entscheidung gegenüber der Klägerin vorzugehen, auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen und damit fehlerhaft ausgeübt. Denn eine Entscheidung über die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme der Klägerin konnte die Ordnungsbehörde ohne vorherige Ermittlung und Anhörung von weiteren bestattungspflichtigen Angehörigen nicht sachgerecht treffen. Zu einer Inanspruchnahme der Klägerin wäre es aber auch nicht gekommen, wenn sich die Ordnungsbehörde im Rahmen ihres Auswahlermessens für eine Inanspruchnahme eines anderen Bestattungspflichtigen entschieden hätte. Die Ordnungsbehörde hatte somit den Sachverhalt zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung entgegen §§ 24, 26 VwVfG NRW unzureichend ermittelt.