Berechnung von Beratungsgesprächen
Erschienen Oktober 2024

Oftmals beschweren sich Kunden, wenn Beratungsgespräche von Bestattungsunternehmen gesondert in Rechnung gestellt werden. Andere Kunden hingegen nehmen es als selbstverständlich hin, für eine ausführliche und umfassende Beratung in einem Trauerfall gesondert zu bezahlen. Ausgehend von den unterschiedlichen Einschätzungen der Kunden stellt sich deshalb die Frage, ob Bestatter oder Bestatterinnen ein Beratungsgespräch gesondert in Rechnung stellen können. Allgemein üblich ist es nicht. Kunden müssen deshalb im Vorfeld nicht davon ausgehen, wenn es keine ausdrückliche Absprachen gibt.
Der mit einem Bestatter geschlossene Vertrag ist ein „Vertrag eigener typischer Art“ (Widmann, Hans-Joachim, Der Bestattungsvertrag, 6. Aufl. 2015, S. 6). Im Kern handelt es sich um einen Werkvertrag. Aber auf den Vertrag können in Teilleistungsbereichen, soweit deren Wesen einer anderen Vertragsart entspricht, auch andere gesetzliche Regelungen anzuwenden sein. Grundsätzlich gelten die für Werk- und Dienstverträge geltenden Normen, hinsichtlich der Vergütung sind dies die §§ 632 Abs. 1, 2 und 612 Abs. 1, 2 BGB. Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes bzw. die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Voraussetzung für eine Vergütungspflicht ist grundsätzlich das Zustandekommen eines Vertrages.
Generell sollten und dürfen nur die Leistungen berechnet werden, die für Kunden als Teil der berufstypischen Haupttätigkeiten eines Bestatters erbracht werden, zum Beispiel die Versorgung eines Leichnams oder die Bestattungsorganisation. Die Präsentation eines Katalogs mit Särgen gehört somit eindeutig zur Akquise. Spricht ein Bestatter hingegen während des Beratungsgesprächs mit dem Kunden schon Termine mit Krematorium, Friedhof und Trauerredner ab, geht dies über eine Akquise hinaus.
Eine lediglich akquisitorische Tätigkeit ohne vertragliche Bindung begründet für sich deshalb noch keinen Vergütungsanspruch des Bestattungsunternehmens. Ein Beratungsgespräch in der Bestattungsbranche ist jedoch ein qualifiziertes Gespräch unter anderem hinsichtlich der Wahl einer Grabstätte, der Bestattung und von Verwaltungsvorgängen. Häufig wird ein großer zeitlicher (und damit auch finanzieller) Aufwand von Seiten der Bestattungsunternehmen betrieben, insbesondere auch wegen der immer vielfältigeren Bestattungsarten. Aber mangels eines Hinweises können Beratungsgespräche von Kunden als (kostenlose) Werbung bzw. als Akquise verstanden werden. Es spricht jedoch grundsätzlich nichts dagegen, Beratungsgespräche nach vorheriger Absprache zu berechnen, insbesondere bei erheblichem zeitlichen Aufwand.
Im Ergebnis muss eine Einzelfallbewertung anhand verschiedener Kriterien vorgenommen werden. So kann es sich bei einer nur wenige Einzelpunkte betreffenden telefonischen Anfrage bei einem Bestattungsunternehmen und deren Beantwortung nicht um einen rechtsverbindlichen Vertrag handeln. Bei der Abgrenzung von der reinen Akquisetätigkeit zum verbindlichen Vertrag ist von besonderer Bedeutung, ob ein Kunde angesichts des Umfangs einer Beratung und sonstiger erbrachter Leistung zu seinen Gunsten davon ausgehen kann, dass es sich lediglich um eine unverbindliche kostenlose Akquise handelt oder ob diese Einschätzung des Kunden nicht gerechtfertigt ist (vgl. Beck OK BGB § 632 Rdz. 3).
Der Grundsatz, dass Entwürfe und Vorarbeiten in der Regel nur der Vorbereitung eines Vertragsschlusses dienen und deshalb nicht gemäß § 632 Absatz 1 BGB zu vergüten sind, gilt dann nicht, wenn die Leistung nicht der Vorbereitung einer weiteren Tätigkeit dient, sondern gerade vertragswesentliche Leistung eines Unternehmens ist (vgl. Beck OK BGB a.a.O. Rdz. 4; OLG Düsseldorf, Urteil v. 28.09.1990, Az. 12 U 209/ 89 „Firmenlogo“; OLG Frankfurt, Urteil v. 30.10.1996, Az. 7 U 70/93 „Buchtitelbild und Spielmodell“; OLG Zweibrücken, Urteil v. 17.01.1995, Az. 8 U 222/92 „Layout einer Selbstdarstellungsbroschüre“). Die Hauptleistung, die ein Bestattungsunternehmen anbietet, ist die Vorbereitung und Durchführung einer Bestattung (Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, § 632 Rdz. 113; OLG Nürnberg, Urteil v. 18.02.1993, Az. 12 U 1663/92; AG Aachen, Urteil v. v. 27.06.2003, Az. 9 C 116/03). Vorarbeiten sind deshalb grundsätzlich nur dann zu vergüten sind, wenn dies auch ausdrücklich vereinbart wurde (Münchener Kommentar BGB, 9. Aufl. 2023, § 632 Rdz. 11). Deshalb kann nur ausnahmsweise dann von einer Vergütung für die Beratung eines Bestatters ausgegangen werden, wenn das Kriterium „Leistung“ einer Bestattung bereits zum Teil mit erfüllt wird. Dies kann dann der Fall sein, wenn im Auftrag des Kunden bereits mit der tatsächlichen Organisation begonnen wird oder wenn eine besonders aufwendige Bestattung organisiert werden soll, für die bereits besondere kreative Leistungen erbracht werden. Ein Indiz dafür, dass noch kein Rechtsbindungswille und damit kein Vertrag vorliegt, ist allerdings, wenn Verhandlungen über den Preis noch ausstehen (jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 632 BGB Rdz. 5).
Ein eventueller Vertragsschluss und der Anspruch auf eine Vergütung hängen also von den Umständen des Einzelfalles ab. Ohne das Vorliegen besonderer Umstände, zum Beispiel einer besonders aufwendigen Planungsleistung, ist regelmäßig nicht von einem Vertragsschluss auszugehen. Im Falle eines umfassenden Beratungsgesprächs ist dies nicht anders zu bewerten. Denn Zweck eines Beratungsgesprächs ist meistens lediglich Angebot und die Herbeiführung eines Auftrags für eine Bestattung. Deshalb handelt es sich um ein Akquisegespräch bzw. eine Werbemaßnahme, die noch keine Rechtsbindung herbeiführt. Sollte ausnahmsweise die Beratung gleichsam die Hauptleistung zwischen Kunden und Bestattungsunternehmen darstellen, kann dies zu einer abweichenden Beurteilung führen.
Die Beratung stellt in der Regel eben nicht die Hauptleistung eines Bestatters dar. Bestattungsunternehmen sollten deshalb, falls sie das Beratungsgespräch gesondert berechnen, in ihrem Interesse auf eine für die Beratung anfallende Vergütung hinweisen und diese rechtssicher und verbindlich vereinbaren. Denn da eine Beratung lediglich einen eine Teilleistung der Tätigkeit eines Bestatters darstellt, dürfte dies mangels Vereinbarung eine Vergütung ansonsten ausschließen. In einem Großteil der Bestattungsverträge werden Beratungsleistungen auch nicht als gesonderte Leistung und Kostenposition aufgeführt und somit kostenlos gewährt. Gemäß § 632 Abs. 3 BGB ist beispielsweise ein Kostenvoranschlag im Zweifel nicht zu vergüten (vgl. Grüneberg, 83. Aufl. 2024, § 632 Rdz. 10 ff.). Zweifel daran, dass eine Leistung nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist, hindern die Zuerkennung eines Vergütungsanspruchs, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung über eine Vergütung vorliegt bzw. nicht nachweisbar ist (BGH NJW-RR 2005, 19 ff.; BGH, Urteil v. 08.06.2004, Az. X ZR 211/02). Ein Kunde schuldet grundsätzlich nur „die übliche Vergütung“, die nach allgemeiner Auffassung gezahlt wird (vgl. BGH, Urteil v. 26.10.2000, Az. VII ZR 239/98; Grüneberg, 83. Aufl. 2024, § 632 Rdz. 10 ff.).
Laut DIN EN 15017 („Bestattungsdienstleistungen“) gilt für Beratungsgespräche: „Die geschätzten Kosten und Zahlungsbedingungen sind zu besprechen und zu vereinbaren. Der Kunde ist auf eventuelle signifikante Kostenänderungen nach der anfänglichen Vereinbarung hinzuweisen.“ Dies muss auch für die Kosten einer Beratung gelten, denn der Unterschied zwischen einer kostenlosen und einer kostenpflichtigen Leistung ist „signifikant“.