Umsatzsteuerpflicht von Bestattungsunternehmen
Erschienen August 2024

Innerhalb weniger Monate haben Finanzgerichte zwei wichtige Urteile zur Umsatzsteuerpflicht von Bestattungsunternehmen erlassen. Entscheidend war in beiden Fällen die Frage, ob eine Leistung einen eigenständigen Charakter hat.
In einem Urteil vom 14.09.2023 befasste sich das Sächsische Finanzgericht mit Provisionen für die Vermittlung von Bestattungsvorsorge-Treuhandverträgen. Das Gericht entschied, dass solche Provisionen gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG umsatzsteuerfrei sind.
Das gilt, wenn ein Bestattungsunternehmen seinen Kunden im Hinblick auf deren künftige Bestattung zu abgeschlossenen Bestattungsvorsorgeverträgen zusätzlich Treuhandverträge vermittelt. Die Kunden hinterlegen dann das Entgelt für die künftige Bestattung bei dem Treuhandunternehmen und treten ihre Ansprüche gegen den Treuhänder zur Sicherung der künftigen Bestattungskosten an das Bestattungsunternehmen ab. Der Treuhänder muss die bei ihm eingezahlten Beträge verzinslich anlegen, treuhänderisch verwalten und darf nur bei Vorlage der Sterbeurkunden der dann verstorbenen Kunden an das Bestattungsunternehmen auszahlen. Die von dem Treuhandunternehmen an das Bestattungsunternehmen für die Vermittlung dieser Bestattungsvorsorge-Treuhandverträge gezahlte Provisionen ist dann gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG von der Umsatzsteuer befreit. Denn die Vermittlung des Treuhandvertrags durch das Bestattungsunternehmen stellt keine Nebenleistung zum Bestattungsvorsorgevertrag dar, dessen spätere Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind (Quelle: Sächsisches FG, Urteil v. 14.09.2023, Az. 6 K 1079/20).
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg erließ am 07.11.2023 ein Urteil zur Umsatzbesteuerung von weiteren Nebenleistungen eines Bestattungsunternehmens. Konkret ging es um die Frage, ob das Überlassen von Kühlräumen, Kühlzellen und Räumlichkeiten für eine Trauerfeier als nicht gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerbefreite Leistungen eines Bestattungsunternehmens einzustufen ist. Das Gericht prüfte auch, ob die hygienische Totenversorgung nicht als steuerbefreite Leistung bei Erbringung der Bestattungsleistung anzusehen ist.
Das FG Berlin-Brandenburg stellte im Ergebnis klar, dass es sich um eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung handelt, wenn ein Bestattungsunternehmen im Rahmen der Erbringung von Bestattungsleistungen auch Kühlräume oder Kühlzellen zur Verfügung stellt. Die Überlassung dieser Räume ist dann nicht steuerfrei gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UstG (Vermietung und Verpachtung von Grundstücken).
Überlässt ein Unternehmen, welches Dienstleistungen rund um einen Trauerfall erbringt, auch Räumlichkeiten zur Abhaltung der Trauerfeiern, so handelt es sich ebenfalls um eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung. Die Überlassung der Räumlichkeiten ist dann ebenso wenig steuerfrei gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG.
Übernimmt ein Unternehmen im Rahmen von Bestattungsleistungen auch Leistungen der hygienischen Totenversorgung, handelt es sich dabei ebenfalls um eine unselbständige Nebenleistung zur einheitlichen Hauptleistung der Bestattung. Das Gericht stellte in der Entscheidung klar, dass Ziffer 2 des Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 23.11.2020 (BStBl. I 2020, 1335), wonach die hygienische Totenversorgung einer (steuerfreien) Überlassung u.a. von Kühlräumen zugeordnet werden kann, sich auf eine Situation bezieht, in welcher keine Bestattungsleistungen erbracht werden.
Klägerin in dem vom FG Berlin-Brandenburg entschiedenen Rechtsstreit ist eine Aktiengesellschaft, deren Gegenstand der Betrieb von Bestattungsunternehmen sowie sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit Dienstleistungen rund um den Trauerfall im In- und Ausland ist. Die Klägerin wollte die gerichtliche Aufhebung von Bescheiden über Umsatzsteuervorauszahlungen für den Zeitraum 03/21 bis 12/21 erreichen.
Zur Begründung gab die Klägerin an, dass das BMF im Schreiben vom 23.11.2020 ausführte, dass die Überlassung von Kühlräumen und Kühlzellen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) im Bereich des Friedhofs- und Bestattungswesens steuerfreie Leistungen seien. Da die Klägerin diese Leistungen ebenfalls erbringen würde, träten die jPöR insoweit in unmittelbare Konkurrenz. Die Finanzbehörden müssten die Steuern nach Maßgabe der Gesetze jedoch gemäß § 85 AO, Art. 3 GG gleichmäßig festsetzen und erheben. Gleichartige Sachverhalte müssten also grundsätzlich gleichbehandelt werden.
Das FG Berlin-Brandenburg führte hierzu in seinem Urteil aus, dass die Überlassung von Kühlräumen und Kühlzellen keine eigenständige Hauptleistung darstellt, die als Vermietung oder Verpachtung im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei wäre. Vielmehr bilden diese Leistungen gemeinsam mit der über die Nutzungsüberlassung hinausgehenden steuerpflichtigen Bestattungsleistung eine einheitliche Leistung. Die Umsatzsteuer ist somit nicht zu mindern, denn nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist lediglich die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken als Hauptleistung steuerfrei.
Soweit die Klägerin Kühlräume und Kühlzellen vor einer Bestattung zur Nutzung überlasse, habe dies entgegen der Auffassung der Klägerin keinen eigenständigen Hauptleistungscharakter. Selbst wenn es zutrifft, dass die meisten Bestatter keine Kühlräume unterhalten, sondern auf die Kühleinrichtungen in Krankenhäusern oder auf Friedhöfen zurückgreifen, führt dies nicht dazu, dass jene Bestattungsunternehmen, die Kühlräume vermieten, dies als Einzelleistung erbringen. Denn der Durchschnittsverbraucher, so das Gericht, beurteilt die gesamte Bestattungsleistung als eine einheitliche Leistung, welche auch die Überlassung von Kühlräumen und Kühlzellen umfasst. Zwar geben Kunden regelmäßig ein Bündel von Leistungen in Auftrag, beispielsweise Lieferung eines Sarges, Überführung, Erledigung behördlicher und kirchlicher Formalitäten, Organisation der Bestattungsfeier, Redner, Musiker usw., welche die Gesamtheit der Bestattungsleistung ausmachen. Die frühere Auffassung (BFH, Urteil v. 05.11.1970, Az. V R 57/67) das selbstständige Einzelleistungen vorliegen, ist jedoch überholt.
Das Argument der Klägerin, dass die Zurverfügungstellung von Kühlräumen und Kühlzellen durch juristische Personen des öffentlichen Rechts zu Wettbewerbsverzerrungen führe, da die jPöR nicht umsatzsteuerpflichtig seien, war für das Gericht nicht relevant. Nach § 2b Abs. 1 Satz 1 UStG gelten jPöR nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen. Nach § 2b Abs. 1 Satz 2 UStG gilt dies zwar nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Friedhöfe, so das Gericht, erbringen aber keine Bestattungsleistungen, welche für eine Einordnung als einheitliche Leistung prägend wären. Vielmehr erbringen Friedhofsbetreiber lediglich im Rahmen der Einräumung einer Grabnutzungsberechtigung Leistungen im Zusammenhang mit der Überlassung.
Abschließend stellte das Gericht fest, dass größere Wettbewerbsverzerrungen auch nicht dazu führe würden, dass die Leistungen der Klägerin als umsatzsteuerfrei behandelt werden müssten. Vielmehr müssten die juristischen Personen des öffentlichen Rechts dann als Unternehmer behandelt werden und entsprechend Umsatzsteuer abführen. Die Klägerin könne somit nicht verlangen, dass ihre im Rechtsstreit behandelten Leistungen als umsatzsteuerfrei einzustufen sind. Ein Verstoß gegen § 85 AO oder Art. 3 GG und Wettbewerbsverzerrungen durch jPöR liegen nicht vor (Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 07.11.2023, Az. 2 K 2111/22).