Pfändbarkeit der Bestattungsvorsorge

Erschienen Juni 2025

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Januar 2025 in einem Urteil das Guthaben aus einem Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag als pfändbar eingestuft (BGH, Urteil v. 16.01.2025, Az. IX ZR 91/24). Diese Entscheidung ist für die am Abschluss eines Bestattungsvorsorgevertrages beteiligten Parteien, insbesondere Bestattungsunternehmen, von großer Bedeutung.

Dem entschiedenen Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der von der Auftraggeberin zur Finanzierung ihrer in ungewisser Zukunft durchzuführenden Bestattung eingezahlte Betrag wurde durch den beauftragten Bestatter nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung angelegt und entsprechend treuhänderisch verwaltet. Die Auftraggeberin zahlte insgesamt 2.740 Euro zur Sicherung zukünftiger Bestattungskosten in den Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag ein.

Im April 2021 wurde jedoch über das Vermögen der Auftraggeberin ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte den Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag und forderte vom Bestatter gemäß § 115 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) die Auszahlung des treuhänderisch verwalteten Betrages. Da der Bestatter sich weigerte, entschied in letzter Instanz der BGH als höchstes deutsches Zivilgericht über die von dem Insolvenzverwalter eingereichte Zahlungsklage.

Das vor dem BGH mit dem Rechtsstreit befasste Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil v. 18.08.2023, Az. 22 S 64/23) hatte die Klage des Insolvenzverwalters abgewiesen und entschieden, dass ein Guthaben aus einem Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag in analoger Anwendung von § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO (Zivilprozessordnung) in Verbindung mit § 36 Abs. 1 InsO wegen Unpfändbarkeit nicht in die Insolvenzmasse fällt. Denn der Gesetzgeber habe, so die Ansicht des LG Düsseldorf, mit der Pfändungsbestimmung des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO Versicherungen erfassen wollen, mit denen die beim Tod eines Versicherungsnehmers anfallenden Ausgaben, vor allem Bestattungskosten, abgedeckt werden sollen.

§ 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO nennt ausdrücklich Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden; ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5.400 Euro nicht übersteigt. Damit erfasst nach Meinung des LG Düsseldorf die gesetzliche Regelung insbesondere sogenannte Sterbegeldversicherungen und ist auf einen Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag analog anwendbar. Denn Bestattungsvorsorge-Treuhandverträge haben sich erst in den 2000er Jahren etabliert. Hieraus ergibt sich laut LG Düsseldorf eine planwidrige Regelungslücke des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Der angesparte Geldbetrag in Höhe von 2.740 Euro liegt zudem unterhalb des Freibetrags von 5.400 Euro des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Gegen diese Entscheidung legte der Insolvenzverwalter Berufung ein.

Der BGH entschied anders als das Landgericht, dass das Guthaben aus dem Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag nicht aufgrund analoger Anwendung des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO unpfändbar ist. Zwar hat ein Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag, so der BGH, grundsätzlich eine einer Sterbegeldversicherung entsprechende Funktion. Der Wortlaut des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist nach Ansicht des BGH jedoch eindeutig und der Gesetzgeber will mit der Pfändungsschutzbestimmung des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO ausdrücklich Versicherungen erfassen, die beim Tod des Versicherungsnehmers anfallende Ausgaben, vor allem Bestattungskosten, abdecken sollen.

Damit erfasst § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO insbesondere sogenannte Sterbegeldversicherungen, welche die Beerdigungskosten des Versicherten abdecken sollen, aber zugunsten Angehöriger und Erben abgeschlossen werden (vgl. auch BGH, Beschluss v. 19.03.2009, Az. IX ZA 2/09). Der BGH hat das Urteil des LG Düsseldorf deshalb aufgehoben und die Pfändbarkeit von Guthaben aus Bestattungsvorsorge-Treuhandverträgen ausdrücklich bestätigt. Auf diesen Aspekt sollten Kunden im Rahmen der Beratung über eine Bestattungsvorsorge vom Bestatter hingewiesen werden.

Ein zwei Monate zuvor ergangenes Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg befasste sich ebenfalls mit den Pfändungsbeschränkungen des bereits erwähnten § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO (OLG Nürnberg, Urteil v. 29.11.2024, Az. 15 U 2084/22). In diesem Rechtsstreit ging es um eine Lebensversicherung auf den Todesfall und die Pfändbarkeit des Ertrages in einem Nachlassinsolvenzverfahren. Der Ertrag aus der Versicherung auf den Todesfall war aber bereits zum Ausgleich von Bestattungskosten verwendet worden. Der durch die Versicherung auf den Todesfall begünstigte Sohn der Erblasserin hatte das Erbe ausgeschlagen. Im Nachlassinsolvenzverfahren wurde deshalb der aus der Versicherung für die Bestattung aufgewendete Betrag zurückgefordert, obwohl der Sohn zur Bestattung seiner Mutter verpflichtet war. Zur Notwendigkeit und Höhe der entstandenen Bestattungskosten wurde der beauftragte Bestatter vom Gericht als Zeuge befragt.

Das OLG Nürnberg verwies in seinem Urteil auf die Rechtsprechung des BGH zum Schutzzweck der Pfändungsschutzbestimmung des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Das OLG Nürnberg kam ebenfalls zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber mit dieser gesetzlichen Regelung solche Versicherungen erfassen wollte, die dazu dienen beim Tod eines Versicherungsnehmers anfallende Ausgaben, vor allem Bestattungskosten, abzudecken. Denn eine solche Todesfallversicherung entlastet jene Personen, von denen die Kosten der Bestattung zu tragen sind. Damit erfasst § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO insbesondere so genannte Sterbegeldversicherungen, welche die eigenen Beerdigungskosten des Versicherten abdecken sollen. Erfasst werden aber auch, wie im vom OLG Nürnberg entschiedenen Rechtsstreit, Lebensversicherungen auf den Todesfall, die zu Gunsten eines Angehörigen abgeschlossen wurden. Das der Sohn das Erbe ausgeschlagen hatte, war nicht relevant, da er dennoch zur Bestattung verpflichtet war. Außerdem war er ausdrücklich und unabhängig von der Erbschaft als Begünstigter der Versicherung auf den Todesfall benannt worden.

Fazit: Hinsichtlich der Pfändbarkeit von Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag, Sterbegeldversicherung und Lebensversicherung auf den Todesfall ergibt sich unter Anwendung von § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO Folgendes:

  • Gemäß Rechtsprechung des BGH (BGH Urteil v. 16.01.2025, Az. IX ZR 91/24) ist ein Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag nicht wie eine Sterbegeldversicherung durch den Pfändungsschutz des § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO begünstigt. Auf diesen Aspekt sollten Kunden im Rahmen der Beratung und Entscheidung für die eine oder andere Form einer Bestattungsvorsorge von einem Bestatter hingewiesen werden.
  • Sterbegeldversicherungen sollen die Bestattungskosten und weitere mit dem Tod verbundene Aufwendungen decken. Bei einer Pfändung bleibt ein gewisser Anteil der Sterbegeldversicherung gesetzlich geschützt gemäß § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO . Die Pfändungsfreigrenze für Sterbegeldversicherungen liegt aktuell bei 5.400 Euro.
  • Durch § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO geschützt sind aber auch, wie im vom OLG Nürnberg entschiedenen Rechtsstreit, Lebensversicherungen auf den Todesfall (OLG Nürnberg, Urteil v. 29.11.2024, Az. 15 U 2084/22). Der Pfändungsschutz reicht auch hier bis zur Grenze von 5.400 Euro.