Angehörige muss Kosten einer anonymen Bestattung nicht erstatten

Urteil zu einer ordnungsbehördlich angeordneten Bestattung

Justitia-Statue mit verbundenen Augen und Waage in der Hand

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat im November 2025 entschieden, dass bestattungspflichtige Angehörige die Kosten einer von einer Ordnungsbehörde angeordneten anonymen Bestattung nicht vollständig erstatten müssen, wenn ein entsprechender Wille des oder der Verstorbenen anonym beerdigt zu werden, nicht nachweisbar ist. Mangels einem entsprechenden Willen der verstorbenen Person müssen bestattungspflichtige Angehörige deshalb nicht die Nutzungsgebühr für eine anonyme Grabstätte tragen. Denn grundsätzlich müssen bestattungspflichtige Angehörige von Verstorbenen die Kosten einer von einer Ordnungsbehörde angeordneten Beerdigung nur erstatten, wenn die Anordnung rechtmäßig und die entstandenen Kosten erforderlich und angemessen sind. Das Gericht stellte in seinem Urteil aber auch klar, dass die Behörde nicht im Interesse der Angehörigen verpflichtet ist eine kostengünstige Feuerbestattung zu veranlassen. Die Praxis der zuständigen Behörden eine Erdbestattung anzuordnen, ist gerechtfertigt, wenn weder der Wille der verstorbenen Person noch der Angehörigen bekannt ist. Denn eine Feuerbestattung ist tatsächlich unumkehrbar und das hat mitunter schwerwiegende Auswirkungen auf trauernde Angehörige.

Hintergrund des Rechtsstreits war, dass die Ordnungsbehörde einer Stadt in Baden-Württemberg die Tochter einer Verstorbenen aufgefordert hatte, die Kosten der durch die Behörde angeordneten anonymen Erdbestattung in Höhe von 3.568,25 Euro zu zahlen. Die anonyme Bestattung war angeordnet worden, weil die Behörde zunächst keine Angehörigen der Verstorbenen ermitteln konnte. Die in dem Kostenbescheid geltend gemachte Gesamtforderung enthielt neben den Bestattungskosten auch die Nutzungsgebühr für die anonyme Grabstätte. Die Behörde begründete ihre Kostenforderung gegenüber der Tochter damit, dass diese als bestattungspflichtige Angehörige gemäß § 31 Abs. 2 des in Baden-Württemberg geltenden Bestattungsgesetzes verpflichtet sei, die Kosten der Bestattung ihrer Mutter zu tragen. Die Tochter lehnte den Kostenbescheid mit dem Argument ab, dass eine Feuerbestattung günstiger gewesen wäre. Die Behörde verwies jedoch darauf, dass eine Feuerbestattung nicht durchgeführt werden konnte, weil ein entsprechender Wille der Verstorbenen nicht nachweisbar war.

Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte – anders als das Verwaltungsgericht Karlsruhe in erster Instanz – den Einwand der Tochter hinsichtlich der kostengünstigeren Feuerbestattung nicht. Eine Behörde kann bei ihrer Ermessensentscheidung zwar die unterschiedlichen Kosten der Bestattungsarten berücksichtigen, ist jedoch nicht zur Wahl einer kostengünstigen Bestattungsart verpflichtet. Der VGH Baden-Württemberg bewertete aber die Entscheidung der Behörde für eine anonyme Bestattung als rechtswidrig. Das Gericht wies darauf hin, dass die Satzung des Friedhofs ausdrücklich vorsieht, dass eine anonyme Bestattung dem Willen der verstorbenen Person entsprechen muss. Ob sich dieses Erfordernis aus der durch Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützten Menschenwürde und dem aus ihr abgeleiteten postmortalen Persönlichkeitsschutz ergibt, ließ das Gericht offen. Wegen des postmortalen Persönlichkeitsschutzes Verstorbener und des daraus für sie folgenden allgemeinen Achtungsanspruchs, könnte es unzulässig sein, eine verstorbene Person nach ihrem Tod ihrer Subjektqualität zu berauben (vgl. BVerfG, Beschluss v. 22.08.2006, Az. 1 BvR 1168/04 und Urteil v. 19.06.2019, Az. 6 CN 1.18) und ohne ihren Willen anonym zu bestatten.

Der VGH Baden-Württemberg bestätigte deshalb zu Gunsten der Tochter der unzulässig anonym bestatteten Verstorbenen, dass der Kostenbescheid um die Nutzungsgebühr für die anonyme Grabstätte zu kürzen war.

Quelle: VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 05.11.2025, Az. 1 S 719/23