Gericht erlaubt Umbettung nach anonymer Beisetzung
Klage gegen Ablehnung erfolgreich

Das Verwaltungsgericht Hannover verpflichtete im Juli 2025 das zuständige Gesundheitsamt der Umbettung einer zunächst anonym beigesetzten Urne zuzustimmen. In dem Urteil stellte das Gericht klar, dass auf Grundlage des lediglich erinnerten aber nicht schriftlich festgehaltenen Willen eines Verstorbenen, der der tatsächlich erfolgten Beisetzung entgegensteht, ausnahmsweise eine Umbettung durchgesetzt werden kann.
Die Ehefrau, deren Urne auf Antrag ihres Ehemanns nachträglich umgebettet werden sollte, war nach 50 Jahren Ehe verstorben. Der zunächst durch den Tod seiner Frau psychisch überforderte Ehemann, entschied sich für eine anonyme Bestattung in einem Urnengrab. Später war ihm klar geworden, dass für ihn und seine Familie zum Gedenken an seine Frau ein „visueller Bezugspunkt“ erforderlich ist. Deshalb stellte er nun bei der Friedhofsverwaltung einen Antrag auf Umbettung der Urne in ein Doppelgrab. Er begründete dies damit, dass er nach dem Tod seiner Frau wegen seines psychisch angeschlagenen Zustands eine falsche Entscheidung getroffen hat. Zudem hat er sich nach eigenen Angaben erst später daran erinnert, dass seine Frau zu Lebzeiten eine anonyme Bestattung ablehnte. Denn seine Frau habe gesagt, dass sie eine anonyme Beisetzung so empfände „als wenn man einen räudigen Hund verscharrt“.
Die zuständige Behörde lehnte den Antrag einer Umbettung jedoch mit der Begründung ab, dass kein wichtiger Grund für eine Umbettung vorliege. Nach Ansicht des Sachbearbeiters war außerdem die hinsichtlich der benachbarten Grabstätten einzuhaltende Totenruhe vorrangig. Dem Antragsteller wurde zudem vorgeworfen, dass er bereits eine unumkehrbare Entscheidung hinsichtlich der Bestattungsart getroffen hatte. Auch sei der angebliche Wille der Verstorbenen bzw. ihre Ansicht hinsichtlich einer anonymen Bestattung nicht dokumentiert, sondern lediglich eine angebliche Erinnerung des Antragstellers.
Das VG Hannover entschied den Rechtsstreit dennoch zu Gunsten des Antragstellers. Seinem Antrag auf Umbettung musste in dieser Einzelfallentscheidung die Zustimmung erteilt werden. Denn nach Ansicht des Gerichts lag der für eine Umbettung erforderliche „wichtige Grund“ ausnahmsweise vor. Grundsätzlich, so das Gericht, liegt ein „wichtiger Grund“ vor, wenn der oder die Verstorbene zu Lebzeiten ausdrücklich ein Einverständnis mit einer Umbettung erklärt hat. Ein solcher Grund liegt auch vor, wenn sich aus den Umständen mit hinreichender Sicherheit auf einen entsprechenden Willen der verstorbenen Person schließen lässt. Schließlich kann sich ein wichtiger Grund daraus ergeben, dass die Interessen der zur Totenfürsorge Berechtigten Vorrang vor der grundsätzlich zu schützenden Totenruhe haben. Bisher wurde in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die mit einer Umbettung verbundene Beeinträchtigung der Totenruhe und des auch nach dem Tod geltenden Persönlichkeitsrechts Verstorbener, wegen der durch die Bestattungsgesetze gebotenen Ehrfurcht vor dem Tod regelmäßig zu vermeiden ist.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die verstorbene Ehefrau des Antragstellers zwar keinen ausdrücklichen Willen hinsichtlich einer Umbettung erkennen ließ. Aus den Aussagen des Ehemanns ergab sich für das Gericht aber ein mutmaßlicher Wille für eine Umbettung. Dass die Verstorbene der Ansicht war, dass eine anonyme Beisetzung so anzusehen sei „als wenn man einen räudigen Hund verscharrt“, war für das Gericht Ausdruck ihrer grundsätzlichen Ablehnung einer anonymen Bestattung. Diese Abneigung anonym bestattet zu werden, war nach Auffassung des Gerichts auch ein eindeutiges Indiz für ein Einverständnis der Verstorbenen mit einer Umbettung. Für das Gericht war auf Grund der Umstände und der Darstellung des Antragstellers auch nachvollziehbar, warum ihm der tatsächliche Wille seiner verstorbenen Frau erst nachträglich bewusst wurde. Zudem, so das Gericht, sei die Umbettung einer Urne einfacher zu bewerkstelligen als die eines Sarges und auch deshalb eher mit Pietät, Totenwürde und dem Schutz der Totenruhe vereinbar.
Quelle: VG Hannover, Urteil v. 24.07.2025, Az. 1 A 5445/23