Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen-Anhalt legt Gesetzentwurf vor

Aufhebung von Sargpflicht und Friedhofszwang gefordert

| Bestattungsgesetz

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlägt eine umfassende Reform des Bestattungsgesetzes in Sachsen-Anhalt vor. Ein hierzu vorgelegter Gesetzesentwurf vom 03.01.2022 soll Ende Januar auf der nächsten Sitzung des Landtags diskutiert werden. Eine zeitnahe Entscheidung dürfte jedoch zunächst nicht zu erwarten sein, erklärte die aus CDU, SPD und FDP bestehende Landesregierung mit Verweis auf die Corona-Pandemie. Im Koalitionsvertrag war eine interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechts als Ziel vereinbart worden.
Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  1. Zunächst sollen in den §§ 5 und 6 die Regelungen zum Entkleiden der Leiche bei einem Verdacht auf einen nichtnatürlichen Tod verschärft werden, um die Spurensicherung in solchen Fällen zu verbessern.
     
  2. Sodann soll durch eine Erweiterung des § 15 Absatz 1 die bisher noch bestehende Sargpflicht aufgehoben werden. Stattdessen soll künftig eine Wahlmöglichkeit für die Erdbestattung in einem Sarg oder in Leichentüchern gegeben sein.
     
  3. Auch eine Änderung des § 15 Absatz 2 wird angestrebt. Hierin soll geregelt werden, dass eine Bestattung allgemein nur noch nach einer zweiten Leichenschau zulässig ist. Bisher gilt diese Regelung gemäß § 18 Abs. 1 nur für Einäscherungen.
     
  4. Neu eingefügt werden soll § 15 a, der festlegt auf welchen Flächen die Totenasche ausgebracht werden darf und somit den bisher geltenden Friedhofszwang lockern würde. Nach Vorstellung der Opposition soll künftig ein Verstreuen der Asche, bei entsprechender Zustimmung der Eigentümer, auch auf Grundstücken außerhalb eines Friedhofs möglich sein.
     
  5. In § 17 Absatz 4 soll zudem geändert werden, dass Urnen nun statt nach einem Monat nach der Einäscherung erst nach einem Jahr beizusetzen sind.
     
  6. Eine Ergänzung des § 19 soll die Möglichkeit der Übertragung der Errichtung und des Betriebs von Friedhöfen auf religiöse Vereine bieten. Dadurch könnten beispielweise auch als Verein organisierte Moscheegemeinden als Beliehene eigene Friedhöfe betreiben.
     
  7. Durch Einfügen von § 22 a soll ein dauerhaftes Ruherecht für Angehörige der Bundeswehr, die bei einem Auslandseinsatz ums Leben kamen, geschaffen werden.
     
  8. Mit dem neu dazugekommenen § 23 a soll die Verwendung von Grabsteinen, die aus Kinderarbeit stammen, verhindert werden.
     
  9. Abschließend sieht der Entwurf den Änderungen entsprechende Anpassungen der in § 29 geregelten Ordnungswidrigkeiten vor.

Mit dem vorgelegten Entwurf beabsichtigen Bündnis 90/Die Grünen nach 20 Jahre ohne Änderungen des Bestattungsgesetzes dem Wandel der Gesellschaft in ihrer Bestattungs- und Trauerbewältigungskultur Rechnung zu tragen.

Insbesondere soll eine interkulturelle Öffnung des Bestattungsrechts durch die Aufhebung der Sargpflicht erfolgen. Angehörigen verschiedener Religionen, insbesondere des Islams und des Judentums soll so auch im Fall ihres Todes eine freie Ausübung ihrer Religion gewährleistet werden.

Die Aufhebung der Friedhofspflicht und die geplante Möglichkeit der Verstreuung der Asche soll Orte der Trauer abseits von Friedhöfen schaffen.

Durch die Verlängerung der Beisetzungsfrist für Urnen soll außerdem ein persönlicher und individueller Trauerprozess gewährleistet werden und die Möglichkeit zur Organisation einer angemessenen Trauerfeier geschaffen werden.