Einzigartiges Kolumbarium DIE EICHE in Lübeck eröffnet

Urnenfriedhof in einem ehemaligen Kornspeicher

"Bestattung neu denken" - mit diesem Anspruch ist am 20. Juni 2024 das Kolumbarium DIE EICHE in Lübeck eröffnet worden. Die Initiatoren Peggy Morenz und Michael Angern feierten die Eröffnung mit Freunden und Partnern. Redner waren Dr. Dirk Pörschmann, Direktor des Museums für Sepulkralkultur in Kassel, Dr. Barbara Happe, Kulturwissenschaftlerin aus Jena, und der Philosoph Christoph Quarch aus Fulda.

Das ästhetisch anspruchsvoll gestaltete überkonfessionelle Kolumbarium befindet sich in einem ehemaligen Kornspeicher, den der Vater von Literaturnobelpreisträger Thomas Mann 1873 errichten ließ. Nach umfangreichen Umbauten findet das denkmalgeschützte Gebäude am historischen Hansahafen nun eine neue Nutzung. Michael Angern: "Die Eröffnung der EICHE als Kolumbarium macht mich sehr glücklich. Zehn Jahre sind seit der ersten Idee vergangen. Mit der EICHE interpretieren wir das Thema Urnenfriedhof neu und tragen zur Vielfalt der Bestattungsmöglichkeiten bei. Gleichzeitig holen wir den Friedhof wieder mitten in die Stadt, mitten ins Leben, wie es jahrhundertelang in Europa üblich war." Peggy Morenz: "DIE EICHE ist ein Herzensprojekt. Hier verschmelzen Raum und Licht, Farbe und Geruch, Klang und rituelle Handlungen zu einer außergewöhnlichen Aura, die die Menschen in der Stunde des Abschieds trägt. Manche bezeichnen diesen Ort gar als 'Gesamtkunstwerk'."

Das Konzept

DIE EICHE ist ein überkonfessioneller Urnenfriedhof mit einem neuen seelsorgerischen und kuratorischen Ansatz. Die Trägerschaft liegt bei der Heilsarmee, die Einrichtung des Friedhofs erfolgte privatwirtschaftlich. Ehrenamtliche Trauerbegleiter der Heilsarmee sind ständig im Haus präsent und bieten Hinterbliebenen Zuspruch. Moderne Licht- und Raumgestaltung, Bildende Kunst sowie kuratierte Erinnerungsstücke der Verstorbenen machen den alten Kornspeicher zu einem Ruhepol. Konzerte und Lesungen verbinden das Lebendige mit dem Kontemplativen.

Rund 3 400 Verstorbene finden Platz im Kolumbarium. Die Urnengräber verteilen sich dezent über den ersten und zweiten Boden des Gebäudes. Hier gibt es Räume wie Galerien, Bibliotheken und ein Kabinett, in denen Sofas und Sessel zum Verweilen einladen.

Bei der Konzeption standen die Verstorbenen und ihre Angehörigen im Mittelpunkt aller Überlegungen. Michael Angern: "Wir wollten einen Raum schaffen, der Tod und Leben verbindet und Angehörigen die schwere Zeit des Abschieds erleichtert. Die Namen und Geschichten der Verstorbenen sollen weiterhin gewürdigt werden." Diese Vorstellung findet in den "Lebenszeichen" ihren Ausdruck: Auf den Galerien gibt es beispielsweise vor den eigentlichen Grabkammern Vitrinen, in denen Erinnerungen in vielfältiger Form "in Szene gesetzt" werden. An anderer Stelle erinnern von Biographen geschriebene Rückblicke an die Lebensgeschichte Verstorbener. Im Kabinett erzählen Fotos aus ihrem Leben von ihnen.

Alle als "Lebenszeichen" erhaltenen Erinnerungen werden im Laufe der Zeit zu einem kulturellen Gedächtnis des Ortes, sie machen Gesellschaftsgeschichte erlebbar und konstituieren Gemeinschaft.

Das Gebäude

Das Kolumbarium DIE EICHE befindet sich in einem ehemaligen Kornspeicher am Hansahafen an der Trave in Lübeck. Senator und Kaufmann Thomas Johann Heinrich Mann ließ das siebenstöckige Gebäude 1873 erbauen. Sein Sohn, der Nobelpreisträger Thomas Mann, erwähnte es in den "Buddenbrooks". Nach wechselnden Nutzungen erwarb Michael Angern das Gebäude im Jahr 2013.

Das denkmalgeschützte Gebäude ist 13 Meter breit und 27 Meter lang. Die neugotische Backsteinfassade zieren vorn 30 Fenster, weitere 23 befinden sich auf der Rückseite. Mächtige Holzstützen tragen die Lagerböden bis ins sechste Obergeschoss. In enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz schufen geschickte architektonische Eingriffe im Inneren einen Raum mit einem starken sakralen Charakter. Alte Kirchenbänke für bis zu 100 Gäste unterstreichen diesen Eindruck.
Die "Eiche" ist der einzige von insgesamt sieben Mann’schen Kornspeichern, der heute noch existiert. Die Namen der anderen Speicher lauteten "Linde", "Adler", "Walfisch", "Löwe", "Hirsch" und "Elephant". Sie wurden so benannt, damit die Schauermänner mit ihren Kornsäcken sie leichter fanden.

Die Gestaltung

Die Initiatoren kuratierten das Innere der EICHE sorgfältig. Kunst ist allgegenwärtig. Bis ins kleinste Detail durchdachten die Gründer Gestaltung und Wirkung. Sie komponierten das Zusammenspiel verschiedener Elemente, ohne das Primat des Friedhofs aus dem Auge zu verlieren.

Die eindrucksvolle Lichtinstallation in der Halle ist ein Entwurf der schweizerischen Künstlerin Madleina Lys. Ihr warmes Licht wird von 12.703 Porzellanplättchen an 600 Fäden gestreut. Das große und zugleich filigrane Kunstwerk mit einer Länge von fast sechs Metern verbindet die drei unteren Böden. Die Floristik im Haus wird von einer bekannten Floristin kuratiert. In stilvollen, dauerhaften Kompositionen von frischen und getrockneten Pflanzen beschäftigt sie sich mit dem ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen. Das Hausinstrument der EICHE ist eine Celesta. Mit der Klaviatur dieses Instruments werden wie bei einem Glockenspiel Metallplättchen statt Saiten angeschlagen. Der so erzeugte zarte, fast ätherische Klang ist ein perfekter Gegensatz zur wuchtigen Balkenarchitektur.

Von der Malerin Judith Maria Kleintjes stammt das Bild "Licht wird Stille, Stille wird Licht", das sich in einer kleinen Kapelle befindet. Es ist nur eines von zahlreichen Werken, die von Künstlern wie Le Corbusier, herman de vries, Bernd Hamann, Linda Schwarz oder Christian Metzner geschaffen wurden und sich dezent platziert im gesamten Gebäude finden.

Peggy Morenz: "Der Mann’sche Kornspeicher sollte schon ein außergewöhnliches Kolumbarium werden. Wir wollten ihn seiner historischen Bedeutung und architektonischen Schönheit entsprechend gestalten. In den historischen Dielen finden sich immerhin noch heute Getreidekörner aus dem 19. Jahrhundert. Die Gestaltung sollte zeitlos werden, indem sie mit der Zeit spielt. Wir haben uns mit jedem Detail eingehend beschäftigt. Es gibt eine Bibliothek mit Büchern, antiken Urnen und Kunstgegenständen. Das Gemeinschaftsgrab wird von einer schweren Pforte aus einer 1000-jährigen Pappel verschlossen. Die Gesamtkomposition aus Kunst und Geschichte schafft ein stilles und unaufdringliches Ambiente, das trösten soll und zugleich inspirieren und Kraft spenden."

Die Leistungen

Im Kolumbarium DIE EICHE sind viele Serviceleistungen im Grabpreis enthalten. Dazu gehören die Endbestattung nach Ablauf der Ruhefrist wie eine Seebestattung oder eine Verstreuung in einem Eichenhain. Grabpflegekosten entstehen nicht. Gedenkalben liegen im Haus aus, in die man wie in ein Gästebuch schreiben kann. An einem Schreibtisch mit Schreibutensilien und Papier verfasst der Hinterbliebene persönliche Nachrichten an den Verstorbenen, die er in einen Tresor wirft.

Peggy Morenz: "Während der Besuchszeiten steht DIE EICHE jedermann offen. Das Haus soll eine Begegnungsstätte werden." Michael Angern: "Alle zukünftigen Gewinne aus dem Betrieb fließen in die noch zu gründende gemeinnützige 'Stiftung DIE EICHE'. Hauptzweck der Stiftung wird die Förderung sozialer Aufgaben und der Abschiedskultur sein."

Initiatoren des Projekts sind Michael Angern und Peggy Morenz. Die Trägerschaft hat die Heilsarmee in Deutschland (Körperschaft des öffentlichen Rechts) übernommen. Kooperationen mit namhaften Institutionen wie dem Museum für Sepulkralkultur in Kassel, der Universität Lübeck (Palliativmedizin) sowie der Theologischen Fakultät der Universität Rostock (Praktische Theologie) unterstreichen den hohen Anspruch von Kolumbarium und Stiftung.

Quelle: DIE EICHE