Wertvolle Metalle aus Einäscherungen keine Betriebseinnahme des Krematoriums

Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg in Stuttgart hat in einem Urteil aus dem November 2023 klargestellt, dass wertvolle metallische Rückstände nach Einäscherung eines Verstorbenen als Sachspende an den Betreiber eines Krematoriums eingestuft werden können, wenn eine entsprechende Einwilligung der hierzu Berechtigten vorliegt.

In dem vom Gericht entschiedenen Rechtsstreit war zu klären, ob nach der Einäscherung eines Verstorbenen in der Asche verbliebene metallische Rückstände als Betriebseinnahmen eines Krematoriums einzustufen sind, wenn die Angehörigen keine Herausgabe verlangen. Diese Frage ist deshalb relevant, weil Angehörige eines Verstorbenen nach dessen Kremation oftmals die mitunter wertvollen metallischen Rückstände, beispielsweise Prothesen oder Zahngold, vom beauftragten Krematorium nicht herausverlangen.

Nach der herrschenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung werden die mit einem menschlichen Körper fest verbundenen Implantate bzw. Körperersatzstücke als Körperbestandteile durch eine Einäscherung und der damit verbundenen Trennung vom Körper eine Sache i. S. des § 90 BGB. Implantate bzw. Körperersatzstücke gehören nicht zur Erbmasse, sondern sind nach Trennung vom menschlichen Körper herrenlose bewegliche Sachen i. S. des § 958 BGB. Totenfürsorgeberechtigte haben aber nach der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung ein Aneignungsrecht gemäß § 958 BGB, welches bei Ausübung einen Eigentumserwerb an einer solchen herrenlosen Sache herbeiführt (Gottwald, NJW 2012, 2231 ff.). Ein Betreiber eines Krematoriums ist deshalb nur dann zur Aneignung berechtigt, wenn der eigentlich Aneignungsberechtigte dem auch zustimmt (vgl. hierzu das im Urteil angeführte Gutachten „Die rechtliche Beurteilung von Implantaten in der Totenasche“ von Aeternitas e.V.).

Klägerin in dem hier besprochenen Verfahren war eine Gemeinde, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Krematorium betreibt. Vor den hier durchgeführten Einäscherungen ist von den Auftraggebern ein „Antrag auf Erlaubnis zur Feuerbestattung einschließlich Auftrag zur Einäscherung" zu unterzeichnen. In diesem Antrag beauftragen die totenfürsorgeberechtigte Personen, meistens nahe Angehörige, das Friedhofsamt der Gemeinde, die Einäscherung vorzunehmen, und bestimmen, wie mit verbleibenden edelmetallhaltigen Rückständen verfahren werden soll. Solche Metallrückstände werden nach einer Einäscherung entsprechend der Einwilligung der Auftraggeber gesammelt und, nachdem sie von einer Metallscheideanstalt aufgearbeitet wurden, karitativen und sozialen Zwecken zugeführt.

Im hier behandelten Rechtsstreit hatten sich allein in einem Jahr Einnahmen in Höhe von 307.751,51 Euro aus der Verwertung von Edelmetall enthaltenen Kremationsrückständen ergeben, welche das zuständige Finanzamt als steuerpflichtigen Gewinn einstufte. Das FG Baden-Württemberg kam jedoch zu dem Ergebnis, dass es sich bei den 307.751,51 Euro nicht um zu versteuernde Betriebseinnahmen handelte. In einem Kremationsprozess gewonnene und von den Totenfürsorgeberechtigten zur Verwertung für karitative Zwecke überlassene metallische Rückstände sind nach Ansicht des Gerichts als Spenden einzustufende unentgeltliche Sachzuwendungen.

Denn Betriebseinnahmen sind, so das Gericht, entsprechend § 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch einen Betrieb veranlasst sind. Das ist auch für Sachleistungen anzunehmen (BFH-Urteil vom 17. April 1986 IV R 115/84, BFHE 146, 419, BStBl II 1986, 607, Rn. 9). Bei wertvollen metallischen Kremationsrückständen handelt es sich aber dennoch um Sachspenden der Totenfürsorgeberechtigten an das beauftragte Krematorium, wenn eine entsprechende Vereinbarung vorliegt.

Im entschiedenen Rechtsstreit wurden die Totenfürsorgeberechtigten bei Erteilung des Auftrags zur Einäscherung über die Möglichkeit der Verwertung der metallischen Rückstände der Feuerbestattung zu karitativen Zwecken aufgeklärt. Die Berechtigten erklärten dann schriftlich ihre Einwilligung, dass der Verwertungserlös aus diesen Rückständen für karitative Zwecke verwendet werden sollte. Eine zu versteuernde Betriebseinnahme lag deshalb unter Gesamtwürdigung aller Umstände nicht vor.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.11.23, Az. 10 K 2671/20